Reisebericht Andalusien März 2001

Wir (meine Freundin Ulli und ich) sind am Sonntag, den 10. März in Jerez de la Frontera gelandet. Es war Spätnachmittag und endlich hatte unser lang ersehnter Urlaub begonnen. Das Wetter war angenehm, wolkenlos und es versprach auch am nächsten Tag freundlich zu werden. Wir machten uns auf, um unseren vorreservierten Mietwagen am Europcar-Schalter abzuholen. Erst als der Mietvertrag schon ausgefüllt war und ich unterschreiben sollte, fiel mir auf, daß der gute Mann uns mit einem Peugeot 206 abspeisen wollte. Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß wir einen Wagen der Kategorie C, nicht B reserviert hatten. Er meinte nur, daß er keine C-Kategorie mehr da habe. Das interessierte mich herzlich wenig - wir hatten ihm bereits unseren Voucher gegeben (für den wir den Preis für ein C-Kategorie Fahrzeug bezahlt hatten). Daraufhin schlug er uns vor etwas vom Preis für die obligatorisch zu zahlende Tankfüllung zu erlassen. Aber auch das war indiskutabel! Wir hatten ein C Auto gebucht und wollten mind. auch C haben! Ich sagte ihm, daß wir in diesem Fall auch ein Upgrade auf ein D-Fahrzeug nehmen würden. Aber auch das hatte er angeblich nicht da. Da wurde ich schon etwas gereizt, er könne uns auch ein F-Fahrzeug geben, erwiderte ich. Als er auch das nicht da hatte, kam mir das ganze schon recht spanisch vor. Er versuchte uns von den Vorzügen des kleinen Peugeot zu überzeugen und schlug vor, daß wir morgen nochmal kommen und ihn umtauschen könnten, dann hätte er wieder C-Fahrzeuge da. Wir jedoch nicht bereit am nächsten Tag nochmal zum Flughafen zu kommen. Ich erwiderte, er könne ja morgen gerne in Arcos vorbeikommen und uns die Fahrzeuge austauschen. Daraufhin lachte er nur blöd. Jetzt wurde ich langsam wirklich sauer. Wir standen jetzt schon fast eine Stunde an diesem dämlichen Mietwagenschalter, diskutierten nur herum und bekamen unser Auto nicht. Dann meinte er wir könnten ja noch bis 19:30 h warten, dann sollte ein C-Fahrzeug wieder reinkommen. Jetzt wurde ich dann doch langsam laut. Ich hatte schließlich auch mal in einer Autovermietung gearbeitet und wir hätten uns sowas mit unseren Kunden nicht erlaubt. Wieder versuchte er uns den Peugeot schmackhaft zu machen. Der B-Wagen interessierte uns nicht und kam überhaupt nicht in Frage. Wir hatten C bestellt, damit wir unser ganzes Gepäck im Kofferraum verstauen konnten und ein kleinerer Wagen war völlig indiskutabel, da nicht unser ganzes Gepäck in den Kofferraum paßte. Wir wollten schließlich in Andalusien herumfahren und bei Gepäck auf der Rückbank war das eine Einladung das Auto aufzubrechen. Irgendwie schien ihm das dann doch einzuleuchten, denn plötzlich hatte er noch ein D-Fahrzeug. Ich war recht erstaunt - er meinte jedoch nur, der wäre für den Kunden, der auch D reserviert hatte ... und der würde nun recht sauer sein, wenn er einen Kleinwagen bekam. Nun war ich endgültig erbost ... er dachte wohl er könne 2 Frauen mit einem netten kleinen Auto abspeisen. Wenn er nicht genügend Autos hatte, geht es nach dem Prinzip "First come, first serve" erwiderte ich ungnädig. Naja, ich hätte ja recht, meinte er dann zum Schluß recht kleinlaut. Wir nahmen die Autoschlüssel und gingen - endlich konnte unser Urlaub anfangen!

Auf dem Parkplatz fanden wir unseren SEAT Cordoba auch gleich. Doch nun standen wir vor dem nächsten Problem (es ist ja fast zu peinlich, um es hier überhaupt zu erwähnen) ... aber ich fand das Schloß für den Kofferraum nirgends. Auch im Innenraum gab es keinen Schalter, mit dem man den Kofferraum hätte öffnen können. Wir liefen ziemlich ratlos um das Auto herum und konnten es kaum glauben. Da waren wir nun im Land der Machos und erfüllten auch prompt alle Vorurteile über weibliche Wesen und Technik. Nach einer Weile kamen zwei Spanier zu uns (es waren wohl die Parkplatzwächter) und erlösten uns grinsend von unserem Problem: das Kofferraumschloß war unter dem SEAT-Emblem versteckt, welches man erst umklappen mußte. Das nächste Mal werden wir es wissen!

"Arcos de la Frontera" © by Andrea Molnar   Arcos de la Frontera

Aber jetzt geht's wirklich los Richtung Arcos de la Frontera, wo wir bereits für die ersten Nächte unser Hotel gebucht hatten: Cortijo Fain, einen Gutshof des 17. Jh., der 3 km außerhalb von Arcos inmitten eines Olivenhains liegt. 
 "Cortijo Fain - Haupthaus" © by Andrea Molnar
Hier war ich bereits letztes Jahr und habe mich ausgesprochen wohl gefühlt. Ulli gefiel es auch sehr gut. Sie meinte, hier würde man sich nicht wundern, wenn Zorro in den Hof geritten käme. Wir bezogen unser schönes großes Zimmer und gingen als erstes unter die Dusche (ehrlicherweise muß man erwähnen, daß die Betten
sehr schlecht sind und wir jeden Morgen erst einmal unsere Knochen sortieren mußten. Erst eine morgendliche heiße Dusche ermöglichte es uns, uns wieder einigermaßen bewegen zu können. Auch den Schimmel im Bad könnten sie mal entfernen). "Cortijo Fain - Stallungen" © by Andrea Molnar Wir waren zwar ziemlich geschafft, wollten unseren ersten Abend aber doch noch nutzen, um in Arcos zu Abend zu essen. Wir fuhren mit dem Auto nach Arcos rein und versuchten auf der Plaza del Cabildo (oben, im alten Ortskern) einen Parkplatz zu bekommen - ein sinnloses Unterfangen an einem Samstag Abend in Spanien. Wir parkten unser Auto weiter unten und fuhren mit einem Taxi zum Restaurante Convento, das lobend in unserem Reiseführer erwähnt wurde (Calle Marques de Torresoto, 7, Tel. 956 70 32 22). Das Essen war nicht schlecht, aber wir hatten den Eindruck, daß dieses Lokal v.a. auf Touristen ausgerichtet war. Und wenn man die Preise berücksichtigt, gibt es bessere Preis-Leistungs-Verhältnisse. Dennoch war es recht nett - vor allem das Ambiente.
Auf dem Rückweg zum Auto liefen wir an einem Plakat vorbei: Stierkampf am nächsten Tag in El Bosque (Domingo, 11 Marzo 2001). Eigentlich beginnt die Stierkampfsaison in Spanien erst im April. Wir schauten uns an ... sollten wir oder nicht? Wir hatten schon vor unserem Urlaub einmal darüber gesprochen und waren uns einig: Man muß es einmal gesehen haben, um mitreden zu können. Andere Länder, andere Sitten - und wir waren ja schließlich an unserem Urlaubsland interessiert - und in Andalusien gehört das eben dazu!

Am Sonntag schliefen wir erst mal aus. Obwohl es dann doch schon gegen Mittag war, erhielten wir noch ein leckeres Frühstück mit einem absolut göttlichen frischgespressten Orangensaft. Die Orangen stammten sicherlich von dem Orangenbaum, der mitten im Hof steht und vollbeladen ist mit zuckersüßen schrumpeligen Orangen.  Das ist fast ein bißchen wie im Paradies (es war auch mit Abstand der beste O-Saft, den wir in Spanien getrunken haben). Die Sonne schien von einem strahlend blauen Himmel und es wunderbar frühlingshaft warm, fast sommerlich - nur im Schatten war es empfindlich kühl. Nach einem Abstecher nach Arcos machten wir uns auf nach El Bosque, dem nächsten Nachbarort. Die Plaza de Toros war gleich am Ortsbeginn und es herrschte Jahrmarktstimmung. Wir schienen die einzigen Ausländer unter den ganzen Einheimischen zu sein. Für die Menschen hier war es offensichtlich das Wochenendereignis und ganze Familien waren versammelt. Die Arena selbst war eher klein zu nennen.

Den Auftakt machte ein wunderschöner Andalusier Fuchshengst. Der Reiter war ein unsympathischer, von sich selbst eingenommener spanischer Macho - aber die reiterliche Vorführung war wirklich schön. Dann ging es los mit dem Stierkampf

"Stierkampf - El Bosque" © by Andrea Molnar Den Beginn machte ein kleiner Stier, ein Chico. Voller jugendlichem Eifer stürmte er in die Arena. Mit der Zeit wurde er aber langsamer. Mir tat es in Herz und Seele weh als ihm die zwei Pfeile in die Schulter gerammt wurden und er blutend immer wieder auf das rote Tuch stürmte. Die Sonne und die Anstrengung forderten ihren Tribut - immer wieder blieb er röchelnd in der Arena stehen. Ich hatte vorher noch nie eine Stier gesehen, dem im wahrsten Sinne des Wortes die Zunge raushing. Dann bekam er mit dem Degen den Todesstoß.  Dennoch brach er nicht sofort zusammen. Schwer verletzt kämpfte er in eine Ecke gedrängt immer wieder gegen die Matadore an. Mir wurde fast schlecht - ich litt mit dem armen Tier. Der Matador wiederholte seinen Todesstoß und diesmal war der Stier sofort tot. Man schnitt dem Stier beide Ohren als Trophäe ab, da konnte ich gar nicht hinschauen. Die Menge jubelte. Spätestens da haben wir uns als Touristen geoutet, denn wir haben nur betreten geschaut. Der nächste Stier, der hereinstürmte war schon etwas größer - dennoch ereilte ihn das gleiche Schicksal. Die Qualität der Stiere steigerte sich, immer größere Exemplare stürmten herein - und jedesmal durfte ein anderer Matador ihn "erlegen". Ich empfand es als ganz entsetzlich, daß der Todesstoß nicht sofort zum Tode führte, sondern die Tiere zusammenbrachen, z.T. schwer verletzt wieder aufstanden, um um ihr Leben zu kämpfen. Erst als sie schon nicht mehr aufstanden wurden sie mit einem Dolch und einem kurzen Stoß direkt in den Nacken von ihrem Leid erlöst. Daran merkte man, daß es sich hier um einen Dorfstierkampf handelt. Die guten Matadore schaffen es, den Stier mit dem ersten Degenstoß sofort zu töten - ohne daß das Tier weiter leiden muß.

Nach dem dritten oder vierten Stier begann Ulli schon fast sich zu langweilen - es war immer dasselbe. Sie meinte "Wann passiert denn hier endlich mal was?". Als wären ihre Worte erhört worden, bekamen wir bald einen richtigen Kampf Stier gegen Mann geboten. Der Stier erwischte den Matador an der Innenseite des Oberarmes und das Blut spritzte bzw. pulsierte in einer kleinen Fontäne aus seinem Arm. Ein Raunen ging durch die Menge. "Stier bei Los Naveros" © by Andrea Molnar Der Stier hatte die Hauptschlagader erwischt. Sofort wurde dem Matador der Arm abgebunden und der Stier von anderen abgelenkt. Ulli war begeistert, endlich passierte etwas, mir dagegen wurde schlecht. Wir dachten, der Mann würde sofort ins nächste Krankenhaus gebracht, doch weit gefehlt. Er schrie etwas, schnappte sich Tuch und Degen und stellte sich erneut dem Stier. Wir schauten uns fassungslos an, dem Mann war tatsächlich seine Ehre wichtiger als sein Leben. Ein seltsames Ehrgefühl haben die Männer in Andalusien ... wir sind wirklich in einer wilden, ursprünglichen Gegend Spaniens gelandet. Der Matador machte kurzen Prozeß mit dem Stier und verließ erst dann schleunigst die Arena. Die Menschen war begeistert. Der Rest des Stierkampfes verlief weniger spektakulär. Doch auch der letzte Stier entsprach nicht dem Kaliber, das ich letztes Jahr auf den Weiden bei Los Naveros (zwischen Medina-Sidonia und Vejer de la Frontera) gesehen hatte. Die tonnenschweren Kolosse, die dort gezüchtet werden (und erstaunlich scheu sind), sind wohl zu teuer für so eine kleines Dorfspektakel und werden eher für die großen Corridas in Sevilla oder Ronda gezüchtet. Ullis Fazit: Stierkampf ist eine Mischung aus Faszination und Grauen (dem kann ich mich nur anschließen).